FFH-Verträglichkeitsprüfung

Tiere und Pflanzen halten sich nicht an Ländergrenzen. Deshalb hat die Europäische Union mit NATURA 2000 ein EU-weites Netzwerk aus Schutzgebieten geschaffen. Damit sollen gefährdete Lebensräume und Arten nach einheitlichen Kriterien geschützt und erhalten werden.

Inhalt

NATURA 2000 – Ein kohärentes Netz aus europäischen Schutzgebieten

FFH-Verträglichkeitsprüfung in der Übersicht

FFH-Vorprüfung

FFH-Verträglichkeitsprüfung

Ausnahmeprüfung

Fazit

NATURA 2000 – Ein kohärentes Netz aus europäischen Schutzgebieten

Das Netzwerk basiert auf zwei EU-Richtlinien:

  • Vogelschutzrichtlinie: Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2.4.1978 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten
  • Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie): Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21.5.1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen.

Mit der Verabschiedung dieser Richtlinie setzte die Europäische Kommission (2015) Verpflichtungen aus internationalen Konventionen zum Schutz der Biodiversität um.

Mit der Verabschiedung dieser Richtlinien hat die Europäische Kommission Verpflichtungen aus internationalen Konventionen zum Schutz der Biodiversität umgesetzt.

Verantwortung der Mitgliedsstaaten: Die Mitgliedsstaaten der EU sind für die Ausweisung der Schutzgebiete verantwortlich. In Deutschland wurde dies durch die Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes vom 30. April 1998 in nationales Recht umgesetzt. Die Bundesländer sind für die Ausweisung der Gebiete zuständig, was aufgrund unterschiedlicher Zuständigkeiten noch nicht vollständig abgeschlossen ist.

Kriterien für NATURA 2000-Gebiete: Ein Gebiet wird nach dem Vorkommen besonderer Tier- und Pflanzenarten oder Lebensräume ausgewiesen. Die FFH-Richtlinie führt 231 Lebensraumtypen und ca. 1000 Tier- und Pflanzenarten auf, von denen 92 Lebensraumtypen und 138 Arten in Deutschland vorkommen. Die Vogelschutzrichtlinie listet 193 Arten auf, von denen 110 in Deutschland vorkommen.

Neben dem Vorkommen spielen auch die Flächengröße, der Erhaltungszustand und die Populationsgröße eine Rolle bei der Auswahl der Gebiete. In Deutschland gibt es über 4500 FFH-Gebiete und über 740 Vogelschutzgebiete, die mehr als 15 % der Landesfläche ausmachen.

Integration in nationale Schutzgebietskategorien: Die europäischen Schutzgebiete müssen durch nationale Schutzgebietskategorien wie Naturschutzgebiete oder Nationalparks gesichert werden. Für jedes Gebiet müssen Erhaltungsziele und Schutzzwecke festgelegt werden, die sich aus den vorkommenden Lebensraumtypen und Arten ableiten.

FFH-Verträglichkeitsprüfung in der Übersicht

Um das NATURA 2000-Netzwerk zu schützen, wurde die FFH-Verträglichkeitsprüfung eingeführt. Nach § 33 BNatSchG sind alle Veränderungen und Störungen, die zu erheblichen Beeinträchtigungen eines NATURA 2000-Gebietes führen können, unzulässig.

Ziel der FFH-Verträglichkeitsprüfung: Die Auswirkungen von Plänen und Projekten auf NATURA 2000-Gebiete werden geprüft. Nach § 34 Abs. 1 in Verbindung mit § 36 BNatSchG müssen Projekte und Pläne vor ihrer Zulassung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines NATURA 2000-Gebietes überprüft werden.

Ablauf der Prüfung: Die FFH-Verträglichkeitsprüfung umfasst drei Schritte:

  1. FFH-Vorprüfung: Hier wird geprüft, ob ein Projekt oder Plan Beeinträchtigungen für die Erhaltungsziele eines NATURA 2000-Gebietes verursachen könnte. Diese Prüfung hat einen Prognosecharakter. Können Beeinträchtigungen nicht ausgeschlossen werden, ist eine vertiefte Verträglichkeitsprüfung erforderlich.
  2. FFH-Verträglichkeitsprüfung: In diesem Schritt werden die Auswirkungen des Projekts oder Plans detailliert untersucht und beschrieben. Hier werden alle Wirkfaktoren berücksichtigt, die sich auf die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck des Gebietes auswirken könnten.
  3. Ausnahmeprüfung: Wenn erhebliche Beeinträchtigungen festgestellt werden, kann das Projekt oder der Plan dennoch zugelassen werden, wenn zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses vorliegen und keine zumutbaren Alternativen existieren.

Begriffserklärung:

  • Projekte: Umfassen eine Vielzahl von Vorhaben, einschließlich Genehmigungs- und Zulassungsverfahren sowie Eingriffe in Natur und Landschaft nach § 14 BNatSchG.
  • Pläne: Umfassen z.B. Linienbestimmungen nach § 16 des Bundesfernstraßengesetzes und § 13 des Bundeswasserstraßengesetzes sowie Bauleitplanungen.

Schutzmaßnahmen und Kompensation: Bei der Feststellung von Beeinträchtigungen sind Schutzkonzepte und Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen zu berücksichtigen, um negative Auswirkungen zu verhindern. Kompensationsmaßnahmen können als Kohärenzsicherungsmaßnahmen innerhalb der Ausnahmeprüfung fungieren.

FFH-Vorprüfung

Die FFH-Vorprüfung ist der erste Schritt innerhalb der FFH-Verträglichkeitsprüfung. Hier wird eine annähernde Prognose über die potenziellen Beeinträchtigungen eines Projekts oder Plans auf ein NATURA 2000-Gebiet erstellt. Grundlage der Beurteilung sind die Projektunterlagen und die spezifischen Informationen zum NATURA 2000-Gebiet, insbesondere die Schutzverordnungen und Standarddatenbögen. Diese Dokumente enthalten Angaben zu den im Gebiet vorkommenden Arten und Lebensraumtypen sowie deren Schutz- und Erhaltungsziele.

Im Rahmen der FFH-Vorprüfung wird abgeschätzt, wie empfindlich die vorhandenen Lebensraumtypen und Arten gegenüber den Wirkfaktoren des Vorhabens sind. Können Beeinträchtigungen nicht ausgeschlossen werden, ist eine detaillierte FFH-Verträglichkeitsprüfung erforderlich. Wichtig ist, dass es sich hierbei um eine sogenannte Negativprüfung handelt: Es muss nachgewiesen werden, dass keine Beeinträchtigungen auftreten, um eine vertiefte Prüfung zu vermeiden.

FFH-Verträglichkeitsprüfung

Ist eine vertiefte Prüfung notwendig, folgt die eigentliche FFH-Verträglichkeitsprüfung. Dieser Schritt wird eingeleitet, sobald die Vorprüfung negativ ausgefallen ist. Hierbei werden die Auswirkungen eines Projekts oder Plans detailliert untersucht. Prüfgegenstand und Beurteilungsmaßstab sind die Erhaltungsziele oder der Schutzzweck des betroffenen Gebietes.

Die Erhaltungsziele beziehen sich auf Gebiete, die noch nicht durch nationale Schutzkategorien geschützt sind, und müssen aus den Meldeunterlagen der Europäischen Kommission entnommen werden. Diese umfassen die Gebietsabgrenzung, den Standarddatenbogen und die Gebietsbeschreibung. Ist das Gebiet bereits als nationales Schutzgebiet ausgewiesen, werden die Erhaltungsziele aus der Schutzgebietsverordnung entnommen. Diese Ziele definieren, welche Lebensräume und Arten geschützt werden sollen.

Alle Wirkfaktoren, die sich auf die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck auswirken könnten, müssen berücksichtigt werden. Die Auswirkungen werden in bau-, anlage- und betriebsbedingte Wirkfaktoren unterteilt. Auch Summationseffekte durch andere Projekte müssen einbezogen werden. Kann die Prüfung nicht ausschließen, dass erhebliche Beeinträchtigungen auftreten, ist das Vorhaben unzulässig.

Ausnahmeprüfung

Ergibt die FFH-Verträglichkeitsprüfung, dass erhebliche Beeinträchtigungen vorliegen, kann das Vorhaben unter bestimmten Voraussetzungen dennoch zugelassen werden. Nach § 34 Abs. 3 BNatSchG müssen zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses vorliegen, und es dürfen keine zumutbaren Alternativen existieren. Diese Abwägung wird durch eine gewichtete Analyse der Interessen durchgeführt.

Nur wenn das öffentliche Interesse überwiegt und keine Alternativen bestehen, kann das Vorhaben genehmigt werden. Bei prioritären Lebensraumtypen oder Arten können nur Gründe im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit oder positiven Umweltauswirkungen als zwingende Gründe akzeptiert werden.

Wenn das Vorhaben zugelassen wird, müssen kohärenzsichernde Maßnahmen ergriffen werden, um sicherzustellen, dass trotz Beeinträchtigungen ein zusammenhängendes Netzwerk an Schutzgebieten erhalten bleibt. Diese Maßnahmen können die Aufwertung oder Neuausweisung von Gebieten umfassen, müssen aber bereits vor Durchführung des Vorhabens wirksam sein.

Fazit

Die Vogelschutz- und FFH-Richtlinie haben maßgeblich zur Schaffung eines kohärenten Netzwerks aus Schutzgebieten in Europa beigetragen. Die FFH-Verträglichkeitsprüfung dient als Instrument der Umweltvorsorge zur Sicherung dieses Netzwerks und zur Verhinderung negativer Beeinträchtigungen.

Fast jedes Vorhaben, das das Potenzial hat, ein NATURA 2000-Gebiet zu beeinträchtigen, muss durch die FFH-Verträglichkeitsprüfung geprüft werden. Durch Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen können Beeinträchtigungen oft unterhalb der Erheblichkeitsschwelle gehalten werden. Dennoch ist oft bereits im Vorhinein erkennbar, ob ein Projekt oder Plan einer Ausnahmeprüfung bedarf.

Die FFH-Verträglichkeitsprüfung ist ein dynamisches Prüfungsinstrument, das durch Rechtsprechung und Fachkonventionen kontinuierlich weiterentwickelt wird. Weitere Definitionen und Konkretisierungen, insbesondere zur Zumutbarkeit von Eingriffen und Bestimmung der Erheblichkeit, sind jedoch weiterhin erforderlich.

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