Artenschutz am Gebäude

Der Abriss oder die Sanierung von Gebäuden, um etwa den Zielen der Energiewende und der Energieeffizienz entgegenzukommen, bergen Gefahren für viele gebäudebewohnende Vogel- und Fledermausarten. Doch wieso leben diese Arten an Gebäuden und wie werden sie rechtlich geschützt? Und wie wird die artenschutzrechtliche Prüfung genutzt, um die Belange des Naturschutzes mit dem geplanten Abriss- oder Sanierungsvorhaben zu vereinen? Macht Artenschutz am Gebäuden Sinn? Schließlich ist das nicht der natürliche ursprüngliche Lebensraum vieler Tierarten.

Inhalt

Kulturfolger und Sekundärlebensräume

Artenschutzrechtliche Prüfung

Warum Artenschutz am Gebäude?

Integrierter Artenschutz am Gebäude

Fazit

Kulturfolger und Sekundärlebensräume

Kulturfolger sind Arten, die durch die menschliche Veränderung der Landschaft Vorteile erlangen und sich deswegen gerne in den jeweiligen von Menschen geschaffenen Räumen ansiedeln. Diese Arten nutzen neben ihren ursprünglichen Lebensräumen auch von Menschen geschaffenen Strukturen als Sekundärlebensräume. Zu ihnen gehören Fledermäuse, die Schlupflöcher an Gebäudefassaden nutzen, Vögel, die ihre Nester unter Dachtraufen anlegen oder Reptilien, die sich von strukturreichen, ruderalen und sonnigen Flächen in Gärten angezogen fühlen.

Synanthrope Arten (an den menschlichen Siedlungsbereich angepasste Arten) haben sich an die anthropogenen Veränderungen angepasst und sind nicht auf den Austausch mit den Populationen außerhalb der Städte angewiesen. Dabei unterscheidet man eusynanthrope Arten, die nur im Siedlungsbereich vorkommen, und hemisynanthrope Arten, die auch außerhalb von Siedlungen vorkommen können, jedoch den Siedlungsbereich bevorzugen.

Letzteres gilt beispielsweise für den Mauersegler, der gerne dicht unter Dächern oder in Mauerspalten brütet. Weitere Vögel, die ihre Nester gerne an Gebäuden anlegen, sind beispielsweise die Mehlschwalbe oder der Haussperling. Aus der Artengruppe der Fledermäuse ist die Zwergfledermaus ein Beispiel für einen Kulturfolger, dessen Quartiere häufig an Gebäuden vorzufinden sind. Größere Fledermausarten wie das Große Mausohr bewohnen oft auch Dachböden von Kirchen.

Urbaner Lebensraum in Warendorf

Artenschutzrechtliche Prüfung

Der urbane Bereich stellt einen wichtigen Lebensraum für ein breites Spektrum an unterschiedlichen geschützten Arten dar. Oftmals werden Lebensräume am Gebäude von vielen Fledermaus- und Vogelarten zu spät oder auch gar nicht entdeckt. Bei den Abriss- und Sanierungsarbeiten wird damit die Zerstörung der Fortpflanzung- und Ruhestätten riskiert und somit ggf. der Erhaltungszustand einer lokalen Population beeinträchtigt.

Beide genannten Beispiele stellen Verstöße gegen den § 44 Abs. 1 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) dar. Um die Gefährdung geschützter Arten mit entsprechenden Schutz- und Vermeidungsmaßnahmen ausschließen zu können, ist für solche Vorhaben eine frühzeitige artenschutzrechtliche Prüfung unumgänglich.

Artenschutzrechtliche Prüfungen am Gebäude sind also meist dann gefragt, wenn Gebäude umgebaut, abgerissen oder saniert werden soll. Nach einer vorgelagerten Einschätzung wie und welche Arten und Artengruppen von dem Vorhaben betroffen sein können, werden wenn nötig, genauere Kartierungen und Überprüfungen angestellt, um das tatsächlich vorhandene Artenspektrum zu ermitteln. Wenn klar ist, welche Tierarten sich im und am Gebäude befinden und welche Wirkungen von der geplanten Maßnahme auf die Tierarten wirkt, können konkrete Schutz- und Vermeidungsmaßnahmen entwickelt werden um die Verbotstatbestände des § 44 BNatSchG zu umgehen.

Mehr über die artenschutzrechtliche Prüfung finden Sie hier.

Warum Artenschutz am Gebäude?

Warum sollten Tiere an Gebäuden überhaupt geschützt werden? Die Gebäude sind schließlich für Menschen gebaut, die Tiere hingegen haben auch schon vorher in der Natur gelebt, ohne die vom Menschen erbauten Sekundärlebensräume. Allerdings haben die Tiere auch viele ihrer ursprünglichen Lebensräume durch den Menschen verloren oder sind sogar auf anthropogene Lebensräume angewiesen.

Urbane Lebensräume stellen aufgrund ihrer Vielfalt an unterschiedlichen Biotoptypen ein Mosaik von Lebensräumen dar. Tierarten finden hier viele Lebensräume, die ihren ursprünglichen Lebensräumen (Primärlebensraum) ähneln. Die Mehlschwalbe ist eine Vogelart, die ursprünglich an senkrechten Felswänden brütete. An Gebäuden findet sie allerdings ebenfalls die Voraussetzungen, die sie für ihren Nestbau benötigt. In Deutschland ist sie daher ein klassischer Kulturfolger.Moderne Architektur sowie Vergrämungsmaßnahmen und illegale Zerstörung der Nester sorgen für eine weitere Verdrängung und den Rückgang dieser Art.  

Auch im ländlichen Bereich ist der Artenschutz an Gebäuden wichtig. Die Schleiereule gilt wohl als eine der bekanntesten Eulen, die Scheunen und Kirchtürme besiedelt. Durch den zunehmenden Verzicht auf „Uhlenlöcher“, durch die die Eulen in den oberen Teil der Scheune einfliegen können, verliert die Schleiereule einen wichtigen typischen Nistraum. Sanierungen in Ortskernen sorgen ebenfalls für den Abbau ihrer Brutplätze, sowie die Vergitterung von Kirchtürmen, durch welche die Glocken vor Eulenkot geschützt werden sollen.

In unscheinbaren Ecken und Fugen, Öffnungen in Wänden und auf Dachböden finden sich häufig Fledermäuse. Diese leben vor allem in Spalten und Höhlen von Bäumen und Felsen. Diese Lebensräume gehen durch die menschliche Nutzung vielerorts verloren, weswegen die anpassungsfähige Zwergfledermaus sich längst an menschliche Lebensräume gewöhnt hat. Gerade im Zuge von energetischen Sanierungen gehen Fugen und Spalten hinter Fassaden, in denen Zwergfledermäuse gerne leben, häufig verloren. Aber auch der Abriss von teilweise alten Gebäuden stellt eine Bedrohung für ihre Quartiere dar.

Zugang Quartier Zwergfledermaus

Viele Tierarten sind typisch für menschliche Siedlungen und sind altbekannte Gäste. Gerade auch im Gespräch mit Menschen, die über eine längere Zeit hinweg die Abnahme der Artenvielfalt bemerkt und erlebt haben, wird klar, dass die Bestände synanthroper Tierarten leiden. Damit geht auch der Verlust des menschliche Naturerlebens einher.

Auch können Ökosystemdienstleistungen in Mitleidenschaft gezogen werden. Ökosystemdienstleistungen sind die Vorteile, die Menschen aus dem funktionierenden Ökosystem ziehen. In Verbindung mit dem Artenschutz sind hier kulturelle Funktionen wie das Naturerleben und die Erholungsfunktion, aber auch Funktionen wie der Nährstoffkreislauf relevant.

Die Präsenz von Tieren im urbanen Raum steigert die Qualität des Raumes und damit die Lebensqualität der Menschen vor Ort.

Integrierter Artenschutz am Gebäude

Durch die frühzeitige Integration der Fauna in die Planung kann die Artenvielfalt im urbanen Raum geschützt und unterstützt werden. In erster Linie gilt es die natürlichen Habitate der Tiere zu schützen und die Landschaften ihrer Primärlebensräume zu renaturieren. Aber auch im urbanen Raum können Maßnahmen getroffen werden, um die Tiere erfolgreich und nachhaltig zu integrieren.

Vögel

Vögel können durch eine Vielzahl an künstlichen Nisthilfen unterstützt werden. Diese Habitate können als Bausteine in die Fassade oder direkt unterhalb des Daches eingebaut werden. Je nach Art sind unterschiedliche Nisthilfen sinnvoll.

Beispielsweise bevorzugen Mauersegler Hohlräume direkt unterhalb des Dachvorsprungs. Die Landestelle vor dem Hohlraum muss senkrecht und nach Möglichkeit aufgeraut oder weich sein, damit die Vögel sich daran festhalten können. Direkt über der Landestelle muss sich dann das Einschlupfloch zum Nistplatz befinden. Zudem sollte das Einschlupfloch mindestens 4 bis 6 Meter über dem Boden befinden sein. Mauersegler lassen sich aus der Höhe in die Tiefe fallen und breiten dabei die Flügel für den Weiterflug aus. Mittlerweile sind auch sehr gute Nistkästen oder entsprechende Bauanleitungen für diese auf dem Markt.

Auch für den Haussperling können künstliche Nisthilfen angelegt werden. Dabei ist darauf zu achten, dass diese nicht einzeln angelegt werden, da es sich bei der Art um Koloniebrüter handelt. Dasselbe gilt für die Mehlschwalbe, die neben Nestern im Traufbereich auch durch das Anbringen einer angerauten Leiste unterstützt werden können. Hier kann sie ihre Nester einfach anbauen. Sollte der Vogelkot zu ästhetischen Bedenken führen, so können unterhalb der Nester sogenannte Kotbretter angebracht werden, um die Fassade und den Bereich unterhalb der Nisthöhlen zu schützen.

Ein Positivbeispiel für die Integration einer Vogelart in den urbanen Raum stellt die Schleiereule dar, dessen Bestand zuvor stark unter zahlreichen Sanierungsarbeiten gelitten hat. Mit der Zeit wurden entsprechende Maßnahmen für die Schleiereule entwickelt und eingeführt. Dazu gehört bspw. der Rückbau von Kirchtürmen in einen für die Schleiereule günstigen Zustand, sowie besonders das Anbringen von Schleiereulennistkästen. Sollten solche Maßnahmen zum Standard bei Sanierungen werden könnte die Schleiereule trotz fortschreitender Sanierungen ein Teil unserer Kulturlandschaft bleiben.

Haussperling Nistplatz

Fledermäuse

Fledermäuse verursachen kaum Schäden an Gebäuden. In seltenen Fällen tritt eine Fassaden- oder Fensterverschmutzung auf, wenn die Einflugöffnung direkt an der Hauswand bzw. über dem Fenster liegt und vom Regen nicht erreicht werden kann. Daher ist auf die richtige Anordnung von Fledermauskästen zu achten.

Ersatzquartiere für Fledermäuse können in Form von Fledermauskästen bereitgestellt werden. Auch Fledermausbretter, welche an Wänden befestigt werden können, bieten der Artengruppe weitere Quartiermöglichkeiten. Allerdings benötigt es zum Teil einen längeren Zeitraum bis diese Quartierangebote von den Fledermäusen wahrgenommen werden.

Fazit

Viele Tierarten haben sich auf die durch den Menschen gebaute Umgebung angepasst und finden sich in unseren Lebensräumen wieder. Aufgrund des Verlustes ihrer natürlichen Lebensräume, finden sie hier teilweise sogar ihren Schwerpunkt.  Die Anwesenheit von Tieren an Gebäuden ist allerdings nicht als Umstand zu verstehen, den es zu umgehen gilt, damit bspw. ein Sanierungsvorhaben ohne Probleme vonstattengehen kann: Für die Menschen entstehen, durch die Nähe zu den Tieren, neue Formen des Naturerlebens. Tiere können in die Planung integriert werden, um ein Zusammenleben zu ermöglichen und Ökosystemdienstleistungen zu erhalten, welche direkt oder indirekt zum menschlichen Wohl beitragen.

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Ausgleichsmaßnahmen müssen die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushaltes sowie das Landschaftsbild landschaftsgerecht in gleichartiger Weise wiederherstellen. Ersatzmaßnahmen erfordern eine gleichwertige Wiederherstellung. Der Ausgleich geht dem Ersatz vor. Die Entwicklung von Kompensationsmaßnahmen erfolgt meist bei der Erarbeitung eines Landschaftspflegerischen Begleitplanes (LPB). Dieser wird im Zuge der Genehmigungsplanung von Bauvorhaben erforderlich.

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