Kompensationsplanung

Mit der Errichtung neuer Bebauung im planungsrechtlichen Außenbereich sind häufig mit Eingriffen in Natur und Landschaft verbunden. Diese müssen der Eingriffsregelung (§ 13ff. BNatSchG) zufolge entsprechend kompensiert werden:

„Der Verursacher ist verpflichtet, unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege auszugleichen (Ausgleichsmaßnahmen) oder zu ersetzen (Ersatzmaßnahmen).“

Ausgleichsmaßnahmen müssen die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushaltes sowie das Landschaftsbild landschaftsgerecht in gleichartiger Weise wiederherstellen. Ersatzmaßnahmen erfordern eine gleichwertige Wiederherstellung. Der Ausgleich geht dem Ersatz vor.

Die Entwicklung von Kompensationsmaßnahmen erfolgt meist bei der Erarbeitung eines Landschaftspflegerischen Begleitplanes (LPB). Dieser wird im Zuge der Genehmigungsplanung von Bauvorhaben erforderlich.

Mehr zum Landschaftspflegerischen Begleitplan finden Sie hier.

Inhalt

Kompensationsmaßnahmen

Ausgleichsmaßnahmen

Ersatzmaßnahmen

Bundeskompensationsverordnung

Fazit

Kompensationsmaßnahmen

Die Eingriffsregelung hat zum Ziel, die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes und des Landschaftsbildes auch außerhalb der besonderen Schutzgebiete zu erhalten. Primäres Ziel ist die Vermeidung und Verminderung von Eingriffen in Natur und Landschaft. Ist eine Vermeidung oder Verminderung nicht möglich, greift je nach Erheblichkeit des Eingriffs die Kompensationspflicht nach §15 (2) BNatSchG.

Welche Kompensationsmaßnahmen geplant werden, hängt davon ab, in welcher Art Naturhaushalt und Landschaft sowie Tier- und Pflanzenarten durch ein Bauvorhaben voraussichtlich beeinträchtigt werden. Grundlage der Entwicklung von Maßnahmen ist daher immer die Kenntnis des Naturraumes im Plangebiet, welche durch gründliches Monitoring der vorkommenden Arten und die Analyse des Naturraumes gewonnen werden kann.

Der Kompensationsumfang wird standardisiert berechnet. Jedes Bundesland, teilweise auch Städte und Gemeinden, haben ein eigenes Verfahren zur Ermittlung des Kompensationsumfangs (vgl. bspw. Osnabrücker Modell, Warendorfer Modell, Bilanzierung nach Breuer). Dieser Umfang ergibt sich in der Regel aus der Größe der überplanten Fläche und der ökologischen Wertigkeit der jeweiligen, sich auf der Fläche befindlichen Biotoptypen, welche im Zuge des Vorhabens beeinträchtigt oder zerstört werden.

Beispielhaft ist geplant, einen Acker auf einer Fläche von 500 m² zu versiegeln. Der Biotoptyp Acker hat eine ökologische Wertigkeit von 0,3 Punkten. Die Fläche (500 m²) multipliziert mit der ökologischen Wertigkeit (0,3) ergibt in diesem Beispiel ein Kompensationsdefizit von 150 Wertpunkten. Dieses Defizit muss nun mithilfe von Kompensationsmaßnahmen ausgeglichen werden, welche wiederum unterschiedliche ökologische Wertigkeiten besitzen.

Gängige Kompensationsmaßnahmen sind

  • Pflanzen einer Feldhecke
  • Pflanzen von Obstbäumen
  • Pflanzen von heimischen Laubbäumen
  • Anlegen eines Blühstreifens/Dauerbrache
  • Anlegen einer extensiven Blumenwiese
  • Bau einer Trockenmauer
  • Entsiegelung von Flächen
  • Anlegen eines Teichs/Feuchtbiotops
  • Anlegen eines Reptilienbiotops

Die Anlage einer Feldhecke (ökologischen Wertigkeit von 0,8) würde die ökologische Wertigkeit auf einem Acker (ökologische Wertigkeit von 0,3) um 0,5 Werteinheiten erhöhen. Um die erforderlichen 150 ökologischen Werteinheiten (ÖWE) auszugleichen, wären somit 300 m² erforderlich ((Feldhecke 0,8 – Acker 0,3) x 300 m² = 150 ÖWE).

Sind die im LPB festgesetzten Kompensationsmaßnahmen realisiert, gilt das Kompensationsdefizit als abgegolten. Die Maßnahme muss vom Vorhabensträger während der gesamten Dauer des Eingriffs bzw. der entstandenen Beeinträchtigungen gepflegt und erhalten werden. Beispielhaft muss bei der Anlage einer Streuobstwiese diese jährlich gemäht werden und die Bäume müssen zurückgeschnitten werden.

Wenn keine Flächen in der Nähe des Eingriffsortes zur Verfügung stehen oder Kompensationsmaßnahmen aus anderen Gründen nicht umgesetzt werden können, sind als letzte Option Ersatzzahlungen möglich.

Ausgleichsmaßnahmen

Ausgleichsmaßnahmen müssen die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushaltes sowie das Landschaftsbild landschaftsgerecht in gleichartiger Weise wiederherstellen. Die Maßnahmen werden dabei in enger funktionaler und räumlicher Beziehung zum Eingriffsort umgesetzt. Das heißt, dass diese entweder am Ort des Eingriffs stattfinden oder sich direkt auf diesen auswirken müssen.

Werden beispielweise Heckenstrukturen durch die Errichtung einer neuen Straße beeinträchtigt, dann sind neue Heckenstrukturen entlang der neuen Straßentrasse im entsprechenden Umfang anzupflanzen.

Gleichartiger Ausgleich ist dann gewährleistet, wenn das Kompensationsdefizit durch die Schaffung neuer Strukturen in direkter räumlicher und funktionaler Nähe zum Ort des Eingriffs abgegolten wird. Die Eingriffsbilanzierung erfolgt auch hier standardisiert, indem die vor dem Eingriff in dem Plangebiet bestehenden ökologischen Werteinheiten den nach Beendigung des Eingriffs und Durchführung der Ausgleichsmaßnahmen vorhandenen ökologischen Werteinheiten gegenübergestellt werden.

Ersatzmaßnahmen

Da ein Ausgleich nicht immer möglich ist, da bspw. Flächen am Ort des Eingriffs nicht verfügbar sind, können auch Ersatzmaßnahmen durchgeführt werden. Ersatzmaßnahmen erfordern eine gleichwertige Wiederherstellung der beeinträchtigten Funktionen der Natur und der Landschaft. Eine enge funktionale Beziehung zum Eingriffsort muss hierbei nicht gegeben sein. Die Gleichwertigkeit ist dann erfüllt, wenn das ökologische Niveau erreicht wird, das ein Ausgleich bewirkt hätte. Der Ausgleich ist bei der Planung dem Ersatz jedoch immer vorzuziehen.

Werden beispielsweise Heckenstrukturen durch die Errichtung einer neuen Straße beeinträchtigt, dann kann an anderer Stelle ein extensiv bewirtschaftetes Grünland geschaffen werden. Wichtig hierbei ist, dass die ökologische Wertigkeit in sich ausgeglichen ist.

Bundeskompensationsverordnung

Für Projekte, die von der Bundesverwaltung ausgeführt werden kommt die Bundeskompensationsverordnung (BKompV) zur Anwendung. Da die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung Ländersache ist, gab es bis 2020 keine bundesweit einheitlichen Standards zur Bewertung des vorhandenen Zustandes von Natur und Landschaft sowie der zu erwartenden Beeinträchtigungen von Biotopen und anderen Schutzgütern. Dies wurde besonders bei länderübergreifenden Projekten wie dem Bau von Autobahnen deutlich.

Mit der BKompV wurde ein bundesweit gültiges Biotopwertverfahren entwickelt, welches der Kartierung von Biotoptypen sowie deren Bewertung dient. Außerdem wurden einheitliche Standards für die Vermeidung und Kompensation von Eingriffen sowie für Ersatzzahlungen festgelegt.

Fazit

Die Eingriffsregelung und die damit verbundene Kompensation von Eingriffen stellt das wichtigste naturschutzfachliche Instrument dar. Dennoch steht sie auch häufig in der Kritik. Die zwei häufigsten bemängelten Punkte sind folgende Defizite.

Umsetzungsdefizit:

Die fehlende oder mangelhafte Umsetzung von erarbeiteten Maßnahmen stellt eins der häufigsten Probleme dar. Dadurch, dass die Umsetzung beim Vorhabensträger liegt und diese häufig mit einem Mehraufwand an Kosten und Zeit verbunden ist, werden häufig Maßnahmen gar nicht realisiert oder unzureichend durchgeführt.

Kontrolldefizit:

Zu dem Umsetzungsdefizit kommt ein Kontrolldefizit, was vor allem durch einen Mangel an fachkundlichem Personal bei den zuständigen Behörden erklärt werden kann. Somit fällt häufig nicht auf, wenn Maßnahmen nicht oder unzureichend durchgeführt wurden.

Trotz der angeführten Kritikpunkte ist die Kompensationsplanung in der Umweltplanung unverzichtbar. Bei infrastrukturell notwendigen Projekten tragen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen wesentlich zum Erhalt und zur Förderung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes und des Landschaftsbildes bei. Sie gestalten maßgeblich das Landschaftsbild und fördern die Entwicklung von Lebensräumen für Tieren und Pflanzen.

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